Freitag, 4. Januar 2013

Ausgangslage für die v.a. im Osten des Landes zu erwartenden intensiven Niederschläge

Bis gestern, dem 03.01. waren die Verhältnisse in weiten Teilen Tirols meist recht günstig. Eine Ausnahme bildeten schattige Steilhänge in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes, der Verwallgruppe, den Nördlichen Stubaier und Ötztaler sowie den Tuxer Alpen in einem Höhenband zwischen etwa 2300m und 2800m.

Speziell in Osttirol wurden während der letzten Zeit viele extreme Routen begangen und befahren.

Hoher Rappler (Zentralosttirol, Foto vom 01.01.2013)

Vielfach hatte man auch im ganzen Land (mit Ausnahme tiefer Höhenlagen und windexponierter Bereiche) super Pulverschnee.

Lechtaler Alpen (Foto vom 31.12.2012)

Weißeneggscharte (Osttiroler Tauern, Foto vom 30.12.2012)

Seit Neujahr kam nun langsam der Wind ins Spiel, anfangs aus SW, dann drehend auf W und NW. Dadurch entstanden meist kleinräumige, zum Teil störanfällige Triebschneepakete.

Ein besonders windexponierter Fleck Tirols, die Brennergegend (Foto vom 31.12.2012)

Entscheidend ist wie immer der aktuelle Schneedeckenaufbau: In tiefen und mittleren Höhenlagen findet man eingelagerte Schmelzharschkrusten von Regenereignissen am 15.12., 22.12., 23.12., 26.12., 27.12. und 28.12. (Weihnachtstauwetter). Schneedeckenuntersuchungen zeigen derzeit, dass die Verbindung zwischen den umlagernden Schichten gut ist, somit in diesem Bereich kein Problem mit dem angekündigten Neuschneezuwachs zu erwarten ist.

Regenkrusten in tiefen und mittleren Höhenlagen (Tuxer Alpen, Foto vom 03.01.2013)

Ein Problem wird deshalb im niederschlagsreichen Osten primär im Bereich der Schichtgrenze zwischen kaltem, lockeren Pulverschnee und frischem Triebschnee auftreten. Gestern am 03.01. war der Windeinfluss in Tirol noch sehr unterschiedlich. Teils spürte man selbst auf Gipfeln keinen Wind, teils wehte dieser kräftig und verfrachtete den lockeren Pulverschnee samt Oberflächenreif (der sich während der klaren vorangegangenen Nächte mancherorts v.a. unterhalb der Waldgrenze gebildet hat). Wir bekamen am 03.01. zwei Rückmeldungen, eine aus den Nordalpen, eine aus den Osttiroler Tauern über spröde, sehr störanfällige Triebschneepakete im Kammbereich oberhalb etwa 2000m.

Meist noch kleinräumig, mancherorts großflächiger: Frische Triebschneepakete vermehrt im Kammbereich (Tuxer Alpen am 03.01.2013)

Nun, am 04.01.2013, regnet es mit Ausnahme des südlichen Osttirols, meist zwischen etwa 1800m und 2000m hinauf. Durch den Temperaturanstieg hat sich die anfangs lockere Schneeoberfläche bis etwa 2100m nun gesetzt und wird mitunter massiv durchnässt. Dies bedeutet, dass erst oberhalb etwa 2100m die Verbindung von frischem Triebschnee und der Altschneeoberfläche nicht ideal ist, je höher, desto schlechter, desto höher die Auslösewahrscheinlichkeit von Lawinen und die Wahrscheinlichkeit von spontanen Lawinen, insbesondere im Sektor O über S bis SW.

Neben diesem Schichtgrenzenproblem gibt es in den niederschlagsreichen Regionen ein weiteres Problem:


In den Tuxer Alpen, den Zillertaler Alpen, den Osttiroler Tauern sowie den nördlichen Ausläufern Zentralosttirols können Schneebrettlawinen insbesondere oberhalb etwa 2300m aufgrund zu großer Zusatzbelastung von Neu- und Triebschnee auf bodennahem Schwimmschnee spontan abgehen. Dies betrifft v.a. den Sektor WNW über N bis ONO.
Lawinen können dabei mittlere Größe erreichen.

Warme Temperaturen und deutlich zulegender Wind in der Höhe

Durch die zunehmende Durchnässung der Schneedecke werden auch wieder vermehrt Gleitschneelawinen zu beobachten sein.

Je feuchter die Schneedecke, desto wahrscheinlicher Gleitschneelawinen (Foto vom 31.12.2012)

Wintersportler sollten somit während der nächsten Tage vermehrt auf frischen Triebschnee oberhalb etwa 2100m achten. Persönlich meide ich auch noch sehr steiles schattiges Gelände in den Regionen mit bekannt schlechtem Schneedeckenaufbau.

Am Bild erkennt man in blau eine am 29.12. von Skitourengehern ausgelöste Schneebrettlawinen bei der Scheibenspitze (Tuxer Alpen). Rot eingezeichnet ein Skitourengeher in der Abfahrt von der Hohen Warte. Zwar ist das Gelände dort weniger steil, die Schneeauflage vermutlich gleichmäßiger und mächtiger, dennoch ein Bereich, den ich derzeit noch konsequent meide.