Dienstag, 31. Januar 2017

Regen, Schnee und Wind lassen die Lawinengefahr ansteigen

Das lang anhaltende, kalte Schönwetter ist zu Ende. Seit gestern, dem 30.01. hat es in Tirol (mit Unterbrechung) bis maximal 2000m hinauf zu regnen begonnen. Der Regen fällt auf eine für die Jahreszeit häufig unterdurchschnittlich mächtige Schneedecke.

Schneehöhe unserer Beobachterstation Kühtai in den Nördlichen Stubaier Alpen. Die dicke, farbige Linie zeigt die aktuelle Schneehöhe, die dünne, farbige Linie den bisherigen Mittelwert. Die grauen Umrandungen geben die seit 1990 gemessenen Minima und Maxima an.

Bei Skitouren heißt es häufig auch noch auf Steine, mitunter auch noch auf Eisgallen aufzupassen. Am Weg zu Rostizkogel in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 28.01.2017).

Regen hat häufig negative Auswirkungen: einerseits nimmt die Belastung auf die Schneedecke zu, andererseits verliert diese an Festigkeit. Da die Schneedecke in den vom Regen beeinflussten Gebieten keine Schwachschichten aufweist, tritt der Festigkeitsverlust in den Vordergrund. Konkret: Dort, wo etwas mehr Schnee liegt und es intensiver regnen wird – das trifft v.a. für den (Nord-)Westen Tirols zu – können aus extrem steilem Gelände kleine Nassschneerutsche abgehen. Ebenso nimmt durch den Regen die Wahrscheinlichkeit von Gleitschneelawinen bzw. –rutschen zu. Letzteres ist auf steilen Wiesenhängen zu beachten.

Durchnässung der Schneedecke führt zu einem Festigkeitsverlust. Am Foto erfolgte dies allerdings nicht durch Regen, sondern durch Wärme- und Strahlungseinfluss – Außerfern (Foto: 27.01.)

Der Regen und die während der kommenden Tage steigenden Temperaturen haben allerdings auch einen positiven Einfluss. Der in den Kaltluftseen großflächig gebildete Oberflächenreif wird zerstört. Schade um die schönen Winterbilder, aber gut, dass dieser nicht eingeschneit wurde: Denn: Eingeschneiter Oberflächenreif hätte eine sehr gefährliche Schwachschicht gebildet.

Handtellergroße Oberflächenreifkristalle halten dem Regen und dem bevorstehenden, warmen Wetter nicht stand. Wilder Kaiser (Foto: 28.01.2017)

Betrachten wir die Situation oberhalb der Regengrenze: Dort entwickelt sich durch Schneefall und Wind ein sehr ernst zu nehmendes Triebschneeproblem, das länger andauern kann und somit zu einem weiteren Altschneeproblem wird. Dies gilt für windberuhigte Bereiche, dort wo etwas mehr Schnee dazukommt. Die Erklärung: Durch die lange, kalte Wetterperiode hat sich an der Schneeoberfläche lockerer, aufbauend umgewandelter Schnee gebildet. Frischer Triebschnee verbindet sich damit nur sehr schlecht. Die Folge sind (aufgrund der zu erwartenden Schneemenge) eher kleine Schneebrettlawinen, die allerdings sehr leicht von Wintersportlern ausgelöst werden können. Dort, wo es etwas mehr schneit und weht, sind auch spontane Schneebretter zu erwarten. Dies wird wiederum v.a. für den Westen Nordtirols der Fall sein.

Im schattigen Gelände besteht die Schneeoberfläche aus lockeren Kristallen. Wenn sich darauf frischer Triebschnee ablagert, wird es gefährlich. Am Bild erkennt man Schneebrettlawinen, die von einer abfahrenden Person im Navistal in den Tuxer Alpen im Bereich einer bodennahen Schwachschicht ausgelöst wurden.  (Foto: 28.01.2017)

Interessant erscheint auch noch ein Blick auf die vorläufige Monatsbilanz der ZAMG: Laut ZAMG war der Jänner 2017 ungewöhnlich kalt, vielfach sonnig und in vielen Regionen trocken. Außergewöhnlich trocken war es u.a. im südlichen Osttirol. Im Verhältnis begünstigt war der Nordwesten und Osten Nordtirols.

Monatsgrafik der Station Puitegg in den Westlichen Nordalpen: Der Jänner 2017 war sehr kalt und meist schön. In den Westlichen Nordalpen hat es im Verhältnis recht viel geschneit.

Freitag, 27. Januar 2017

Föhn bildet frische Triebschneepakete – Altschneeproblem ist noch nicht gebannt.

Wie schon im vorigen Blogeintrag geschrieben, hat sich die Lawinensituation zunehmend entspannt. Der Hauptgrund war das schöne, kalte Winterwetter, das Umwandlungsprozesse innerhalb der Schneedecke förderte und Spannungen abbaute. So änderte sich einerseits die Eigenschaft des Brettes (das immer lockerer wurde), aber auch die Eigenschaft der bodennahen Schneestruktur (wo Schwachschichten teilweise zu sintern begannen). Föhneinfluss  auf den Bergen führt nun wieder zu einer Verschlechterung der Situation.

Blick Richtung Glungezer in den Tuxer Alpen. Der Föhn beginnt in der Höhe Schnee zu verfrachten. Es bilden sich neue, störanfällige Triebschneepakete (Foto: 27.01.2017)

Rückblick auf die vergangene Woche: Schon am 22.01. sowie neuerlich seit gestern, dem 26.01. machte sich insbesondere in den typischen Föhnschneisen bzw. in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes Windeinfluss vermehrt bemerkbar. Zusätzlich zu erkennen: strahlender Sonnenschein. kalt, trockene Luftmasse

Gut zu erkennen: Zunehmender Föhneinfluss

Dieser Triebschnee lagert schattseitig entweder auf Windkrusten ober aber auf einer locker aufgebauten Schneeoberfläche. Letzteres ist problematisch.

Schattseitiger Pulverschnee hat sich während der kalten Schönwetterperiode umgewandelt. Der Schnee ist dort, wo der Wind nicht im Spiel war, immer noch sehr locker. Man findet jedoch anstelle von Neuschneekristallen häufig kantige, lockere, bzw. filzige Kristallformen. Kitzbüheler Alpen (Foto: 26.01.2017)

Charakteristisch für die vergangene Zeit war auch eine extrem trockene Luftmasse mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von teilweise unter 5% auf 3000m. Dies hatte zur Folge, dass die Schneedecke in besonnten, sehr steilen Hängen nur oberflächennah leicht feucht wurde. Für Firnverhältnisse reichte dies trotz der guten nächtlichen Abkühlung nicht. Kurzum: Die Schneequalität hat in besonnten Hängen gelitten.

Kleine Feuchtschneerutsche in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 26.01.2017)

Selbst in extrem steilen Südhängen auf 2000m findet man meist nur Bruchharsch. Kitzbüheler Alpen (Foto: 26.01.2016)

Zwei interessante, jedoch für die Lawinensituation vermutlich nicht mehr bedeutsame Entwicklungen konnte man kurzfristig in besonnten Hängen feststellen: Dort bildete sich einerseits aufgrund der extrem trockenen Luftmasse und der Sonneneinstrahlung knapp unter der pulvrigen Schneeoberfläche eine dünne Schmelzkruste. Andererseits war das Gefahrenmuster „kalt auf warm" zu beobachten: Auf einer vormals durchfeuchteten Schneeoberfläche, die von kaltem Pulverschnee überschneit wurden, entwickelten sich kantige Kristalle.

Was sich nicht geändert hat ist die Schneeverteilung im Land: Meist genügend Schnee für Wintersportaktivitäten in Nordtirol, zu wenig Schnee im südlichen Osttirol.

Schöne Winterlandschaft im Arlberggebiet (Foto: 24.01.2017)

Am meisten Schnee liegt in Osttirol ganz im Norden (Foto: 19.01.2017)

Wichtig erscheint weiterhin ein tiefer gehender Blick in die Schneedecke, und zwar in den Bereich der bodennahen Schwachschichten. Auffallend im Gelände ist die (meist schon länger zurückliegende) Lawinenaktivität in schattigen, sehr steilen Hängen, vermehrt in Höhenbereichen zwischen etwa 2300m und 2800m.

Die rote Markierung zeigt Lawinenaktivität in den Tuxer Alpen: Blick vom Tuxerjoch Richtung Westen (Foto: 23.01.2017)

Ein ähnliches Bild aus den Nördlichen Stubaier Alpen samt eingezeichneten Lawinenabgängen. (Foto: 22.01.2017)

Föhneinfluss samt Verfrachtungen führte am 22.01. zum Abgang der eingezeichneten Schneebrettlawine am Tuxerjoch. Bei der Ellipse wurde unteres Schneeprofil erstellt. Dahinter erkennt man die Wetterstation Tuxerjoch. (Foto: 23.01.2017)

An diesem Profilstandort beim Tuxerjoch erkennt man noch gut die Abfolge von Krusten und weichen, möglichen Schwachschichten. Die Testergebnisse variieren. Die Situation ist also noch etwas indifferent und deshalb nicht immer gut einschätzbar.

Hingegen erkennt man an diesem Profil die immer häufiger beobachtete Entwicklung, dass bodennahe Krusten abgebaut wurden und dort vorhandene Schwachschichten zusammensintern. Hier konnte bei Stabilitätstests kein Bruch erzeugt werden.

An diesem Profilstandort auf ca. 2300m, schattseitig in den Tuxer Alpen gibt es hingegen noch zwei mögliche Problembereiche: Harter Triebschnee auf lockeren, filzigen Kristallen. Bodennahe Schwachschicht, die zwischen einer Eislamelle und einer Schmelzkruste zu finden ist.

Ein Schneebrett, das vermutlich von einem Skifahrer in einem Westhang in den Zillertaler Alpen am 22.01. (nach Föhneinfluss) fernausgelöst wurde (Foto: 23.01.2017)

Ein bei Triebschneeauflage problematisches Schneeprofil aus den Ötztaler Alpen, ebenso in einem sehr steilen Westhang.

Mit den Profilen und dem Aufzeigen von noch problematischen Bereichen möchten wir v.a. darauf hinweisen, dass das Altschneeproblem noch nicht gebannt ist. Vermehrt im sehr steilen Gelände, an schneearmen Stellen lassen sich Lawinen auch noch in bodennahen Schichten stören. Öfters betroffen ist eindeutig schattseitiges Gelände in den inneralpinen Regionen in einem Höhenbereich zwischen etwa 2300m und 2800m. Aber auch in besonnten Hänge, (v.a. noch W- und O-seitig beginnend von etwa 2300m aufwärts) sollte man das Altschneeproblem in Betracht ziehen.

Mittwoch, 25. Januar 2017

Zunehmende Entspannung der Situation – vermehrte Gefahrenstellen noch in den vom Föhn beeinflussten Gebieten – Altschneeproblem bleibt diffus

Schneedeckenuntersuchungen, Rückmeldungen von Wintersportlern und auch ein Blick auf die während der vergangenen Tage beobachteten Abfahrten zeigen, dass sich die Situation zunehmend bessert. Durch das stabile Hochdruckwetter und die dadurch bedingte vermehrte Abstrahlung der Schneedecke werden oberflächennahe Spannungen innerhalb der Schneedecke zunehmend abgebaut. Die Schneedecke wird von der Oberfläche her immer lockerer – dies gilt derzeit v.a. für Schattenhänge. Zusätzlich lösen sich die in Bodennähe vorhandenen, dünnen Krusten langsam auf. In Bodennähe findet man deshalb immer häufiger eine in sich leicht verkrustete Schicht aus einem Gemisch von Schmelzformen, Schwimmschnee und kantigen Kristallen. Nichtsdestotrotz ist die Gefahr von Schneebrettlawinen, die in bodennahen Schichten brechen können nicht gebannt, einzig die Auslösewahrscheinlichkeit hat abgenommen.

Dies gilt allerdings nicht für die zwischen dem 22.01. und dem 23.01. vom Föhn beeinflussten Gebiete in Tirol. Dort haben sich neue Triebschneepakete gebildet. Der oben erwähnte oberflächennahe Spannungsabbau wurde dadurch wieder zunichte gemacht.


Eine detaillierte Beschreibung der Situation mit viel Bildmaterial folgt spätestens am kommenden Freitag, dem 27.01.2017.

Samstag, 21. Januar 2017

Zwischen sicher und gefährlich…

Ein Blick auf die Gefahrenstufenkarte zeigt ein recht unterschiedliches Bild der Lawinengefahr in Tirol: Man findet Bereiche mit geringer, mäßiger und erheblicher Gefahr.


Die Basis für diese Karte sind zahlreiche Schneedeckenuntersuchungen. Erst dadurch erhält man ein gutes Bild über den Schneedeckenaufbau und die Stabilität der Schneedecke.

Die Karte zeigt die in Tirol zwischen dem 06.01. und 20.01. aufgenommenen Stabilitätstests. Die roten Symbole zeigen Profile mit erhöhter Störanfälligkeit. Nicht differenziert wurde hier nach Höhenlage, Hangausrichtung und vorherrschendem Lawinenproblem. Meist handelte es sich jedoch um ein Altschneeproblem oberhalb etwa 1900m. Die Karte wurde von unserem Praktikanten Florian Leitner erstellt.

Fotos sollen die derzeitige Situation nochmals verdeutlichen.

Lawinenabgang am 17.01. unterhalb des Grubengrates in den Südlichen Ötztaler Alpen durch zwei aufsteigende Skitourengeher; 2600m; 45°; Nord; 40mx120m; guter Ausgang (Foto: 17.01.2017)

Lawinenabgang (Ellipse) im Bereich von Skispuren (Pfeil). Südliche Ötztaler Alpen; ca. 2400m, NO (Foto: 20.01.2017)

Lawinenabgang schattseitig unterhalb des Pirchkogels in den Nördlichen Stubaier Alpen; ca. 2600m NO, 40 Grad (Foto: 20.01.2017)

Guter Sprengerfolg unterhalb des Pfaffenbichls in den Tuxer Alpen; Nord; 40 Grad, ca. 2300m (Foto: 20.01.2017)

Abfahrtsspuren in der Maierrinne unterhalb der Nockspitze in den Nördlichen Stubaier Alpen. Nord, 2300m sehr steil…

Das durch den kalten NO-Wind bedingte Triebschneeproblem ist südseitig kein Thema mehr, nur mehr schattseitig im hochalpinen, kammnahen Gelände. Im Bereich des Kreises hat ein Wintersportler am 18.01. eine Lawine abgetreten und fuhr dann ab. (Foto: 20.01.2017)

Neben möglichen Gefahren gibt es auch herrlichen Pulverschnee bei günstigen Verhältnissen…

Unterwegs in der Mieminger Kette auf ca. 2000m. Südseitig ist vermehrt auf kleine feuchte Lockerschneelawinen zu achten (Foto: 20.01.2017)

Herrlicher Pulver in den Kitzbüheler Alpen bei Fieberbrunn (Foto: 21.01.2017)

Die Hauptgefahr in tiefen Lagen geht von möglichen Gleitschneerutschen aus (Foto: 18.01.2017)

Freitag, 20. Januar 2017

Kurzanalyse des tödlichen Lawinenunfalls Rotkogel – Am Wochenende raten wir zu Zurückhaltung insbesondere in Schattenhängen oberhalb etwa 1900m!

Ein Wochenende mit sonnigem Wetter und in weiten Teilen Tirols winterlicher Landschaft steht bevor. Dazu gesellt sich leider ein sehr ernst zu nehmendes Altschneeproblem, welches in Schattenhängen beginnend von 1900m aufwärts besonders ausgeprägt ist. Wir möchten deshalb dringend appellieren, steile Schattenhänge oberhalb etwa 1900m möglichst zu meiden! Oberhalb der Schwachschichten liegt nämlich meist eine nicht allzu mächtige Schneedecke, sodass Wintersportler durch deren Belastung Schneebrettlawinen recht leicht auslösen können. Hier zur Verdeutlichung der Situation eine Kurzanalyse des tödlichen Lawinenunfalls unterhalb des Rotkogels in den Südlichen Ötztaler Alpen. vom 19.01.2017.

Die rote Ellipse zeigt den Unfallbereich. Das Anrissgebiet ist ca. 40 Grad steil. © tiris

Der rote Pfeil zeigt die Einfahrtsspur des Wintersportlers. Im Vordergrund misst Alpinpolizist Martin Wieser das Lawinenausmaß: ca. 350m lang, 150m breit (Foto: 20.01.2017)

Im Vordergrund erkennt man die Verschüttungsstelle. Die Verschüttungstiefe betrug 3,5m und erklärt sich auch daraus, dass der in Fließrichtung linke Teil der Lawine leicht verzögert abging. (Foto. 20.01.2017)

Unser Beobachter Peter Raich im Aufstieg zum Einfahrtsbereich (Foto:; 20.01.2017)

Die Einfahrtsspur. Die Person stampfte vom Skigebiet über einen Rücken aufwärts und fuhr dann in den Hang ein. (Foto: 20.01.2017)

Ein Blick in die Schneedecke beim Lawinenanriss im Einfahrtsbereich: Man erkennt unterhalb des kürzlich gefallenen Neuschnees eine dünne Kruste, darunter sehr lockeren, bindungslosen Schnee. Unsere Stabilitätstests zeigten meist eine schlechte Verbindung dieser Schichten untereinander.

Schneeprofil, beim Lawinenanriss

Morgen, am 21.01. erscheint ein weiterer Blogeintrag. Vorweg: Es gibt genügend Alternativen, wo man recht sicher unterwegs sein kann, dies in den schneereichen Regionen v.a. unterhalb der Waldgrenze. Man wird dabei zumindest teilweise noch mit schönem Pulver belohnt.

Unterwegs in den Westlichen Nordalpen. Toller Pulver, stabile Schneedecke auf 1600m Seehöhe (Foto: 17.01.2017)

Donnerstag, 19. Januar 2017

Tödliches Lawinenunglück im Bereich des Rotkogeljochs

Ein Wintersportler löste im Bereich des Rotkogeljochs in den Südlichen Ötztaler Alpen im extrem steilen, NO-exponierten Gelände auf ca. 2700m eine Schneebrettlawine aus. Die Person wurde tief verschüttet und verstarb trotz rascher Rettungsaktion. Das bekannte Altschneeproblem scheint die Unfallursache gewesen zu sein.
Wir werden morgen nähere Details vor Ort erheben. Das Foto stammt von Hundeführer Florian Falkner.

Dienstag, 17. Januar 2017

In Tirol war bei Lawinenabgängen während der vergangenen Tage oftmals viel Glück im Spiel. Vorsicht v.a. vom Waldgrenzbereich aufwärts. Darunter meist recht sicher mit gutem Pulverschnee

Nach den ergiebigen Schneefällen zwischen dem 13.01. und 15.01. hat sich inzwischen eine kalte, zunehmend unter Hochdruck stehende Wetterlage eingestellt.

Die Schneefälle vom vergangenen Wochenende brachten vielerorts (mit Ausnahme des südlichen Osttirols) winterliche Verhältnisse

Das Wetter der vergangenen Woche: Schneefall mit Wind, sinkende Temperaturen und dadurch – bei einigen Wetterstationen – auch kurzfristig eingefrorene bzw. mit Anraum versehene Windsensoren

Viel Neuschnee im Außerfern am Weg zur Gehrenalm (Foto: 15.01.2017)

Auch im nördlichen Teil des Alpenhauptkammes wurde es winterlich (Foto: 14.01.2017)

Schon während des Schneefalls, als in den neuschneereichen Gebieten die Lawinengefahr kurzfristig auf groß angestiegen ist, sind einige Lawinen von selbst abgegangen. U.a. wurde uns auch von Lawinen mittlerer Größe im Arlberggebiet berichtet. Einige dieser Lawinen brachen aufgrund des bekannt störanfälligen Altschnees bis in tiefere Schichten.

Der rote Pfeil zeigt auf ein während des Schneefalls abgegangenes Schneebrett, der blaue Pfeil auf eine anschließend gelöste Lockerschneelawine; Schlick, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 15.01.2017)

Im Variantengebiet wurden während der vergangenen Tage einige Lawinen von Wintersportlern ausgelöst. Dabei war in Tirol viel Glück im Spiel, dass nicht mehr passiert ist.

Unterhalb der Hohen Salve in den Kitzbüheler Alpen lösten Variantenfahrer am 15.01. im kammnahen Gelände ein Schneebrett aus, von dem vier Personen mitgerissen, eine total verschüttet und zwei verletzt wurden. Die total verschüttete Person konnte von einem Lawinenhund nach etwa 30 minütiger Verschüttungszeit lebend geborgen werden (kein LVS-Gerät dabei…). Da es vor den Schneefällen ab dem 04.01. an der Unfallstelle aper war, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein frisches Triebschneeproblem handelte.

Der Kreis symbolisiert den Bereich des Lawinenabgangs unterhalb der Hohen Salve © tiris

Eine Gänsehaut bekam nicht nur der Autor dieses Blogs, als er am 15.01. in der Schlick zwei Skitourengeher (eine Person mit Skiern, eine mit Snowboard) im Aufstieg auf der Nordseite des Hohen Burgstalls sah. Es handelte sich dabei um einen der derzeit besonders gefährdeten Bereiche, wo wir ein massives Altschneeproblem haben.

Der Kreis zeigt die zwei Personen im sehr steilen, schattigen Gelände auf knapp 2500m im Aufstieg; Hoher Burgstall, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 15.01.2017)

Eine Detailaufnahme mit den zwei Personen: An dieser Stelle schnallten sie ihre Skier bzw. ihr Snowboard ab und stapften dann zu Fuß weiter Richtung Gipfel. (Foto: 15.01.2017)

Unmittelbar darauf lösten sie ein ca. 120m breites und 350m langes Schneebrett aus. Sie hatten enormes Glück, dass die Lawine unmittelbar bei ihnen brach, sodass nur eine Person wenige Meter mitgerissen wurde. In Folge gingen drei weitere Lawinen durch Fernauslösung ab. (Foto: 15.01.2017)

Die gesamte Dimension der Lawine nach deren Abgang. Der Kreis zeigt den Auslösebereich der Lawine. Man erkennt ebenso die weiteren, durch den Impuls dieser Lawine, ausgelösten Lawinen. Dies zeigt auch, dass die Schwachschichten – ähnlich wie vergangenen Winter – auch heuer wieder über große Distanzen zusammen hängen. Betroffen von diesem Altschneeproblem sind, wie schon mehrmals erwähnt, schattiges Gelände oberhalb etwa  1900m, W- und O-Hänge oberhalb etwa 2300m und S-Hänge oberhalb etwa 2600m.

Das Profil wurde unterhalb des Sennjochs östlich des oben beschriebenen Lawinenabgangs auf 2240m Seehöhe erstellt. Man erkennt eine markante Schwachschicht im Altschnee. Im Bereich der Lawinenauslösung dürften es mehrere Schichten gewesen sein.

Nun stellt sich die Wetterlage wieder um. Schönwetter ist angesagt. Vorläufig ist es noch kalt, jedoch gehen die Temperaturen langsam bergauf.


Da der Wind in der Höhe derzeit häufig noch über Verfrachtungsstärke liegt, wird der lockere, kalte Pulverschnee verfrachtet. Die dabei entstehenden Triebschneepakete sind kurzfristig sehr leicht zu stören, können jedoch mit Erfahrung gut erkannt werden.

Schneeverfrachtung auf den Bergen. Frischen Triebschnee meiden.

Im Waldgrenzbereich um etwa 1900m kann mancherorts eingeschneiter Oberflächenreif ein Problem darstellen. Ansonsten ist es unterhalb der Waldgrenze in windschwachen Gebieten meist recht sicher. Pulver pur ist dort angesagt!

Unterhalb der Waldgrenze wird es tendenziell sicherer, Hochimst (Foto: 15.01.2017)