Mittwoch, 6. Januar 2016

Trotz unterdurchschnittlicher Schneehöhen sollte die Lawinengefahr nicht unterschätzt werden. Triebschneepakete sind schattseitig zum Teil leicht zu stören. Im Arlberggebiet derzeit oberhalb etwa 2000m erhebliche Lawinengefahr.

Seit Beginn des neuen Jahres hat sich das Wetter umgestellt. Es ist wechselhaft. Immer wieder hat es geschneit, am meisten im Westen des Landes und dort speziell in der Arlbergregion, wo seit dem 03.01. bis zu 50cm zusammengekommen sind.

Schneefall zwischen dem 03.01. und 05.01. in Tirol. Man erkennt das West-Ostgefälle

Zusätzlich wehte bis gestern auf den Bergen mancherorts zum Teil recht kräftiger Wind. Oberhalb der Waldgrenze haben sich deshalb frische Triebschneepakete gebildet, die umfangreichsten im Westen des Landes.


Der Wetterverlauf der vergangenen Woche am Beispiel der Station Ulmerhütte im Arlberggebiet: Aufzug der ersten Störung in der Silvesternacht. Ab dem 03.01. schneite es dann anhaltender bei teilweise kräftigem, drehenden Wind. Zum Dreikönigstag hin Wetterbesserung.

Entscheidend für eine mögliche Lawinengefahr ist derzeit die Existenz möglicher Schwachschichten innerhalb der Schneedecke und dazu gilt es, sich folgende Fragen zu stellen:
Wo hat sich vor den kürzlichen Schneefällen eine Altschneedecke halten können?
Wie war diese beschaffen?
Kommt Neuschnee als Schwachschichte auch in Frage?

Neben den Erläuterungen in den vorigen Blogeinträgen zu dem bisher besonders schneearmen und überdurchschnittlich warmen Winter sollen einige Fotos die Situation bis Neujahr verdeutlichen:

Südseitig war es bis in hochalpine Regionen aper. Einzelne Schneebänder, die sich gehalten haben, waren bis ca. 3000m hinauf meist bis zum Boden hin hart. (Blick auf die Hohe Munde in den Westlichen Nordalpen; Foto: 24.12.2015)

Schattseitig war es bis zumindest der Waldgrenze hinauf häufig aper, Oberhalb der Waldgrenze bis in hochalpine Lagen fand man eine meist nur kleinräumig zusammenhängende Altschneedecke. Diese wurde während der extrem langen Schönwetterperiode aufbauend umgewandelt und besteht in windgeschützten Lagen aus lockeren, kantigen Kristallen, mitunter auch aus Schwimmschnee. Mit zunehmender Seehöhe nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass sich an der Oberfläche harte Windkrusten gebildet haben, die teilweise auch tragend sind. (Blick vom Inntal Richtung Nördliche Stubaier Alpen; Foto: 26.12.2015)

Unterhalb etwa 2000m war die Altschneedecke schattseitig teilweise vereist (Halltal; Westliche Nordalpen; Foto: 31.12.2015)

Am gefährlichsten ist es derzeit dort, wo sich Triebschnee auf lockerem Altschnee abgelagert hat oder wo sich an der Altschneeoberfläche eine nur dünne Windkruste gebildet hat (unter der kantige Kristalle zu finden sind). Dies ist vermehrt in Höhenbereichen zwischen etwa 2200m und 2800m in schattigen Steilhängen der Fall. Oberhalb etwa 3300m ist eine ähnliche Situation auch in besonnten Hängen vorzufinden (unter dünnen Schmelz-Windkrusten findet man ebenso recht lockere Schichten). Triebschneepakete sind dort wegen der schlechten Verbindung zum Altschnee meist sehr leicht zu stören.
Aufgrund der – mit Ausnahme des Arlberggebietes – geringen Mächtigkeit und noch nicht allzu flächigen Verbreitung solcher Triebschneepakete wurde die Lawinengefahr mit Ausnahme des Arlberggebietes (wo erhebliche Gefahr oberhalb etwa 2000m ausgegeben wurde) im Westen des Landes als mäßig eingestuft. Dennoch sollte überall darauf geachtet werden, dass Triebschneepakete auf lockerem Altschnee bereits durch geringe Belastung gestört werden können. Die erhöhte Störanfälligkeit bestätigen Rückmeldungen über gute Sprengerfolge z.B. im Arlberggebiet oder in den Südlichen Ötztaler Alpen, aber auch Setzungsgeräusche, Rissbildungen und sogar Fernauslösungen.

Triebschnee ist dort leicht zu stören, wo darunter lockerer Altschnee vorhanden ist. Silvrette, Fimbatal (Foto: 04.01.2016)

Fernauslösung am Felderjöchl in den Südlichen Ötztaler Alpen auf ca. 2800m (Foto: 05.01.2016)

Im Arlberggebiet kommt zudem kurzfristig auch der Neuschnee als Schwachschicht in Frage. Dies v.a. kammnah, dort, wo zu Beginn des Neuschneefalls vom 03.01. noch kein Wind geweht hat und sich dieser erst während des Schneefalls intensiviert hat. Triebschnee lagert dann auf lockerem Neuschnee und kann im sehr steilen Gelände kurzfristig auch in besonnten Hängen in großen Höhen gestört werden. Dieses Triebschneeproblem ist nur von kurzer Dauer und sollte morgen am 07.01. kaum mehr vorhanden sein.

Die vereiste Altschneeoberfläche unterhalb etwa 2000m sollte derzeit ebenso kaum ein Problem für den darüber gelagerten Neuschnee darstellen, wenn dann kann es zu kleinräumigem Abrutschen des Neuschnees kommen.

Die gute Botschaft seitens der ZAMG-Wetterdienststelle. Das wechselhafte Wetter geht weiter. Die Chancen auf winterlichere Verhältnisse steigen also, auch wenn vorerst noch keine ergiebigen Neuschneemengen in Sicht sind.

Nicht nur unwirtliche Wetterverhältnisse auf der Lampsenspitze im Sellrain. Man sollte derzeit Skier verwenden,um die es einem nicht schade ist. (Foto: 05.01.2016)

Auf Schneesuche im Villgratental (Foto: 05.01.2016)

Dennoch: Im Verlauf der kommenden Woche könnten lohnende Skitouren und Variantenfahrten nicht nur im äußersten Westen des Landes möglich werden. Was bleiben wird ist leider eine zum Teil störanfällige Altschneedecke in Schattenhängen, ein Relikt aus der langen Schönwetterperiode…