Donnerstag, 5. Januar 2017

Die ersten Schönwettertage nach einer stürmischen Schneefallperiode sind immer besonders unfallträchtig! Deshalb: Große Zurückhaltung während der kommenden Tage!

Die Prognosen vom 04.01. haben gut gepasst. In Tirol liegt inzwischen einiges an Schnee. Spitzenreiter bei den Stationen war die Seegrube oberhalb von Innsbruck mit etwas über 60cm. Ähnlich viel hat es jedoch auch ganz im Westen, im Osten und in den Zillertaler Alpen geschneit. Das südliche Osttirol ging dabei leider fast leer aus.
Neuschneeverteilung in Tirol, die Karte verschafft einen guten Überblick über die Neuschneeverteilung: viel Schnee im Norden, anhaltende Schneearmut im mittleren und südlichen Osttirol.

Dazu wehte im ganzen Land stürmischer Wind aus nördlicher Richtung.


Die Temperatur rasselte in den Keller.

Schneehöhenspitzenreiter in Tirol: Die Wetterstation auf der Seegrube oberhalb von Innsbruck: Neuschnee, Wind und tiefe Temperaturen…

Alles zusammen ergibt einen idealen Lawinenmix: Es bildete sich verbreitet und zum Teil auch großflächig sehr spröder Triebschnee. Dieser Triebschnee lagert auf folgenden, drei unterschiedlichen Oberflächen:

- auf aperem Boden,

- auf einer vom 02.01 auf den 03.01. entstandenen, wenige cm dicken, lockeren Neuschneeschicht, auf der sich v.a. in den nördlichen Randregionen zu Bayern auch Oberflächenreif gebildet hatte,

Verteilung des bei kalten Temperaturen gefallenen Neuschnees vom 02.01. auf den 03.01.2017

Der Neuschnee vom 02.01. auf den 03.01.2017 in den Tuxer Alpen (Foto: 03.01.2017)

- auf einer Altschneedecke, die meist aus mehreren dünnen lockeren Schichten und härteren Krusten aufgebaut ist. Die meisten Krusten findet man nordseitig in einem Höhenband zwischen etwa 2700m-2900m. Dort sind es bis maximal 5 Stück: (Septemberschnee bis 4.10. ab 2700m, Regen 14.10., 25.10., 16.11., 25./26.11. - jene vom Regeneinfluss am 26.12. bildete sich bis maximal 2600m hinauf). Die Krusten sind durch massive aufbauende Umwandlung zumindest teilweise aufgefressen bzw. stark gelockert. Entscheidend für die derzeitige Situation sind die dazwischen gebildeten lockeren Zwischenschichten aus kantigen Kristallen und Schwimmschnee. Diese findet man nicht nur in Schattenhängen, sondern auch in höher gelegenen Sonnenhängen. Die Störanfälligkeit dieser Schwachschichten hängt dann wiederum von der Mächtigkeit der oberflächennahen Krusten ab. Grob kann man sagen, dass diese im hochalpinen Gelände durch Windeinfluss sowie in sehr steilen Sonnenhängen durch Strahlungseinfluss dicker sind, als anderswo.

Besonders schlechte Ausgangslage bei diesem Profil von den Tuxer Alpen vom 03.01.2017

Markanter Windeinfluss im Arlberggebiet bildete eine dicke Kruste oberhalb einer kantigen Schwachschicht

Das Altschneeproblem gilt grob für folgende Höhenbereiche: Schattseitig oberhalb etwa 2000m, in steilen west- und ostseitigen Hängen oberhalb etwa 2400m, südseitig nur vereinzelt, wenn dann in größeren Höhen an schneeärmeren, mäßig steilen, wenig vom Wind beeinflussten Stellen. Folgende Fotos veranschaulichen die Schneeverteilung vor den Schneefällen vom 02.01. auf den 03.01.:

Arlberggebiet (Foto vom 29.12.)

Tuxertal mit Blick Richtung Zillertaler Gletscherskigebiet (im Hintergrund)

Im Unterland…

In Osttirol...


Hier noch die modellierte Schneeverteilung in Tirol vom 02.01.2017 © ZAMG

Das Altschneeproblem lässt sich somit grob eingrenzen.

Als weitere Schwachschichten für Lawinen kommen einerseits die erwähnte lockere Neuschneeschicht vom 02.01. auf den 03.01. in Frage, andererseits Graupel oder lockerer, kalter Neuschnee innerhalb des Neuschneepakets vom 04.01. auf den 05.01.. Beide Schwachschichten werden bei den sehr tiefen Temperaturen zumindest noch einige Tage bestehen bleiben.

Fernauslösung am Reuttener Hahnenkamm (1.750m NO, ca. 38 Grad) am 05.01.2017. Als Schwachschicht diente mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der oben erwähnte Neuschnee vom 02.01. auf den 03.01. samt ev. Oberflächenreif

Die Situation ist also mitunter recht komplex. Unser Tipp für das Wochenende lautet deshalb:

Frisch gebildete Triebschneepakete im Steilgelände sollte man während der kommenden Tage konsequent meiden!

Deutlich besser ist es überall dort, wo es bis zum 03.01. schneefrei war, der Untergrund (wegen einer möglichen Verletzungsgefahr bei einem Sturz) aus Gras besteht, zudem wenig Wind im Spiel war und es nicht zu steil ist. Dies findet man derzeit v.a. unterhalb der Waldgrenze.

Vergnügliches Skitouren- / Rodelerlebnis am Weg zur Juifenalm in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 05.01.2017)