Samstag, 24. März 2018

Vorsicht vor oberflächennahen Schwachschichten

Der März war bisher viel zu kalt, das Wetter unbeständig. Die nächsten Tage (24.03. und 25.03.) sollen sehr sonnig und zudem milder werden, dann geht es laut Auskunft der ZAMG-Wetterdienststelle mit einer westlichen Höhenströmung wieder wechselhafter weiter.

 Die vergangene Woche im Überblick. Die letzten Tage war es in der Höhe meist windig.

Unverändert liegt in ganz Tirol für die Jahreszeit überdurchschnittlich viel Schnee.

Unterwegs im Villgratental (Foto: 22.03.2018)

Die Lawinengefahr ist derzeit (23.03.) überwiegend mäßig, gebietsweise erheblich. Problembereiche findet man fast ausschließlich in oberflächennahen Schichten. Wir haben es dort meist mit einem kombinierten Trieb- und Altschneeproblem zu tun

Das Triebschneeproblem beschränkt sich auf frisch verfrachteten Schnee, welcher auf lockerem Pulverschnee (als Schwachschicht) abgelagert wurde. Dies ist v.a. in größeren Höhen im kammnahen, vermehrt schattigen Gelände zu beachten. Während der kommenden Tage werden sich Triebschnee und lockerer Pulverschnee aufgrund der Wetterbesserung rasch verbinden.

Schneefahnen am Karnischen Kamm (Foto: 23.03.2018)

In größeren Höhen findet man inzwischen häufig eine vom Wind beeinflusste Schneedecke; Südliche Ötztaler Alpen (Foto: 21.03.2018)

Das oberflächennahe Altschneeproblem hat hingegen mit der Existenz von aufbauend umgewandelten Schwachschichten angrenzend an dünne Schmelzkrusten zu tun. Die allermeisten Lawinen, welche während der vergangenen Tage beobachtet wurden, sind aufgrund dieser Schwachschichten abgegangen. Auch Setzungsgeräusche im flacheren, meist besonnten Gelände von etwa 2300m aufwärts haben damit zu tun.

Entscheidend für die Lawinengefahr sind (unverändert) oberflächennahe Schwachschichten; Bärenbadkogel, Zillertaler Alpen 2400m, SW, 35 Grad

Die Verbreitung der aufbauend umgewandelten Schwachschicht hängt primär von der Existenz von Schmelzkrusten, sekundär dann von der Seehöhe, Hangneigung, als auch Exposition ab. Schattseitig dürfte es ein nur eng begrenztes Höhenband zwischen etwa 2100m-2300m betreffen. Mit zunehmender Seehöhe findet man diese Schwachschichten dann in anderen Expositionen und Höhenbändern. Anfangs sind es sehr steile Hänge, die Richtung NW und NO ausgerichtet sind, dann werden diese durch W- und O-Hänge abgelöst, hochalpin kommen dann auch S-Hänge dazu.

Vergleicht man den Schneedeckenaufbau auf etwa 2300m im flachen Gelände mit dem eines sehr steilen Südhanges derselben Seehöhe, so ist dieser unterschiedlich: Im flachen Gelände findet man häufig dünne Schmelzkrusten, angrenzend daran kantige, lockere Kristalle. Die Schneedecke kann störanfällig sein, was sich in Setzungsgeräuschen widerspiegelt. Im sehr steilen Südhang sind die Schmelzkrusten dicker, ehemals kantige Kristalle meist verkrustet bzw. ziehen gefrorene Wasserkanäle durch diese Schichten. Die Schneedecke ist dort bis zu einer neuerlichen Durchfeuchtung bzw. Durchnässung meist stabil.

Kürzliche Lawinenereignisse:

Lawinenabgang Hinterbergkofel vom 18.03.2018. im Bereich des Staller Sattels, wo eine Person ums Leben gekommen ist. Die Lawine löste sich während des Aufstiegs der Gruppe. Ein Teil der Gruppe befand sich im sehr steilen, bis extrem steilen Gelände. (Foto: 21.03.2018)

 Lawinenanriss Hinterbergkofel im Nahbereich von felsdurchsetztem Gelände; 2560m, Nordsektor (Foto: 21.03.2018)
Eines der Schneeprofile vom Hinterbergkofel: NW, 2550m; Die kantige Schicht unterhalb der Schmelzkruste bildete die Schwachschicht für das Schneebrett

 Lawinenabgang Reiterkarspitze am Karnischen Kamm vom 21.03.2018; O, 2400m; keine Verschütteten

 Lawinenabgang Reiterkarspitze: Kantige Schicht unterhalb einer Schmelzkruste (Foto: 21.03.2018)

 Lawinenabgang im Bereich der Vernagthütte, 2740m, O, Südliche Ötztaler Alpen (Foto: 19.03.2018)

 Schneebrett: 2150m, N, Außerfern (Foto: 21.03.2018)

 Lawinenabgang Gatterwand, Karnischer Kamm. Zusatzbelastung durch Verfrachtungen. (Foto: 23.03.2018)

Das in früheren Blogeinträgen erwähnte Gleitschneeproblem bleibt weiter aufrecht…

Risse in der Schneedecke deuten auf Gleitprozesse hin. Zentralosttirol (Foto: 22.03.2018)

 Mit vermehrter Sonneneinstrahlung werden Lockerschneelawinen zu beobachten sein. Zentralosttirol (Foto: 22.03.2018)

Wichtig zu erwähnen ist wohl auch, dass abgesehen von den möglichen Gefahrenbereichen durchaus recht gute Bedingungen anzutreffen sind. Vielfach wurde man während der vergangenen Tage auch noch mit tollem Pulverschnee belohnt.

Pulverschnee im flacheren, aber auch schattigen Gelände. Zentralosttirol (Foto: 22.03.2018)

Das sonnige Wochenende verspricht zudem in tiefen und mittleren Höhenlagen in sehr steilen besonnten Hängen rasch Firnverhältnisse.

Noch etwas: Im Gelände, das den gesamten Winter über ständig befahren wurde, konnten sich die oberflächennahen Schwachschichten nicht ausbilden. Dort ist die Schneedecke stabil.

Am Schluss noch: Wir befinden uns im Frühjahr: Tageszeitliche Durchfeuchtung der Schneedecke und möglichen Festigkeitsverlust beachten!