Donnerstag, 12. April 2018

Gleitschneelawinen sind unberechenbar - kurzer Ausblick auf das Wochenende…

Schneereiche Winter sind Gleitschneelawinen-Winter. Dies bestätigt sich heuer wieder in eindrucksvoller Weise.

Gleitschneelawinen sind eine komplett eigenständig zu betrachtende Lawinenart, bei der die gesamte Schneedecke am Boden abgleitet. Dies kann immer dann der Fall sein, wenn das Gelände steil genug, der Schnee in sich gebunden, der Boden relativ glatt und die Schneedecke am Boden feucht ist. Bevorzugt tritt dieses Problem deshalb auf glatten Wiesenhängen oder Felsplatten auf.

Seit Beginn dieses Monats haben wir gerade wieder einen sehr ausgeprägten Gleitschneelawinen-Zyklus. Gefördert wird dieser durch das warme Wetter und den dadurch bedingten Schmelzprozessen. Wasser dringt bis zum Boden vor und vermindert dort die Reibung. Gleichzeitig erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Gleitschneelawinen.

Blick von der Webkamera in Richtung Damüls (Foto: 04.04.2018)

Blick von der Webkamera in Richtung Damüls (Foto: 07.04.2018)

Blick von der Webkamera in Richtung Damüls (Foto: 12.04.2018)

Gleitschneelawinen sind vom Abgangszeitpunkt völlig unberechenbar. Sie können während jeder Tages- und Nachtzeit, sowohl am wärmsten Tag, als auch am kältesten Tag des Winters abgehen. Letzteres lässt sich dadurch erklären, dass Schnee gut isoliert und die Schneedecke deshalb am Boden trotz sehr tiefer Außentemperaturen (bei entsprechend mächtiger Schneedecke) feucht sein kann.

Gleitschneelawinen können deshalb natürlich auch dann abgehen, wenn sich an der Schneeoberfläche ein tragfähiger Harschdeckel gebildet hat.

Gleitschneelawine, die kurz nach 05:00 Uhr morgens am 11.04. in den Nördlichen Stubaier Alpen abgegangen ist. (Die Schneeoberfläche bestand aus einem tragfähigen Harschdeckel.)

Gleitschneelawinen sind eine enorme Herausforderung für Sicherungspflichtige, dies auch deshalb weil sich  diese Lawinenart nicht durch künstliche Hilfsmittel (wie Sprengungen) auslösen lassen. Bei Schneebrettlawinen hingegen findet man Schwachschichten innerhalb der Schneedecke. Zusatzbelastung kann dort zu Brüchen innerhalb dieser Schwachschichten und folglich zu künstlich ausgelösten Lawinenabgängen führen.

Große Gleitschneelawinen, die ins Steißbachtal abgegangen sind. Das Steißbachtal bildet normalerweise eine Hauptabfahrtsroute in Richtung St. Anton am Arlberg. Die Route wurde seitens der örtlichen Lawinenkommission praktisch den gesamten Winter über wegen der permanenten Gefahr von Gleitschneelawinen gesperrt. (Foto: 11.04.2018)

Was erwartet uns für das Wochenende?

Entscheidend sind einerseits die Niederschläge im Süden.

Am 12.04. regnete bzw. schneite es bereits am und südlich des Alpenhauptkammes mit Schwerpunkt im Bereich Timmelsjoch.

Andererseits wird es von Tag zu Tag wärmer.



Die Nacht vom 12.04. auf den 13.04. wird im ganzen Land bedeckt sein. D.h. die Schneedecke kann sich nicht auskühlen. Schon von der Früh weg wird die Schneeoberfläche bis in relativ große Höhen feucht sein, wir erwarten dementsprechend ungünstige Bedingungen.
Am kommenden Wochenende und darüber hinaus bleiben die Verhältnisse hauptsächlich vom Bewölkungsgrad in der Nacht abhängig. Nach einer weitgehend wolkenlosen Nacht spielt eine gute Zeiteinteilung mit frühem Start und früher Rückkehr derzeit die größte Rolle. Wobei das günstige Zeitfenster am frühen Vormittag mit der prognostizierten Erwärmung immer kleiner werden wird. Nach einer weitgehend bewölkten Nacht werden die Verhältnisse bereits morgens ungünstig sein.

Die spontane Aktivität von nassen Lockerschneelawinen wird sich zudem langsam in größere Höhen verlagern. Schneebrettlawinen sind weiterhin am ehesten in sehr steilen Hängen oberhalb von 2500m in der Exposition von W über S bis O denkbar.

Ansonsten gilt es auch die Absturzgefahr auf einer harten Schneeoberfläche zu beachten.